Zu viel Nitrate im Grundwasser – MK 37-16

In den verbreiteten Nachrichten der Fernsehsender schreckt den Bürger in diesen Tagen eine Meldung auf und zwar gibt es in bestimmten Bereichen in Deutschland zu viel Nitrate im Grundwasser. Zuviel Nitrate im Grundwasser fragt man sich, wie kann das sein und was ist zu viel? Und woher kommt das Zuviel? So klären die Nachrichten auf, dass der Grenzwert der zulässigen Belastung in Deutschland bei 50 mg/l liegt. Auch wurden speziell drei Bundesländer genannt, wo bereits 1/3 der Anbauflächen überlastet wären. Dem Zuschauer wird so suggeriert, dass dies ein neues aktuelles Problem sei und plötzlich festgestellt wurde. Mitnichten, es ist ein seit Jahren bekanntes Problem der Überdüngung von landwirtschaftlich genutzten Flächen durch die großen Mengen der dort aufgebrachte Gülle. Gülle (Jauche) sind Exkremente der Massenviehhaltung, wobei in Deutschland 200 Millionen Tonnen jährlich davon anfallen und zwar von 26,9 Millionen Schweinen sowie 12,7 Millionen Rindern. Das Problem hat sich erst gravierend durch die Massentierhaltung für Billigfleisch ausgeweitet. Mit der steigenden Nitratbelastung durch den zu viel entstehenden und zwangsläufig auch verwendeten Dünger zeichneten sich die Probleme beim Grundwasser bereits seit Jahren deutlich ab und die Politik hat der Entwicklung der Überdüngung überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig zur Kenntnis genommen und darauf reagiert. Man hat es laufen lassen.

Somit ist es nicht nur ein Problem von Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen. Dieses Problem tritt in der Landwirtschaft überall dort auf, wo in der Viehzucht zwangsläufig Gülle entsteht und als Dünger auf die Wiesen und Felder gelangt. Man hat das Übermaß laufen lassen und die Düngeverordnung (DüV) nicht den Erfordernissen der extrem gestiegenen Viehhaltung angepasst.

Bis zum 8. November 2010 hat es sogar noch Gülleimporte aus Belgien und den Niederlanden in NRW gegeben. Die dann entstandene neue Verordnung hat zur Auflage gemacht, die Gülle mit einer Drucksterilisation zu behandeln. Dieses hat die Importe gemindert, weil es nicht ausreichend Anlagen für diese Behandlung gab.

Der EU wurde es bereits im Jahr 2013 zu viel und sie wollte klagen. Die Verschärfung trat nun im Juli 2015 ein und Deutschland wurde ermahnt, die geltenden Vorschriften im Rahmen der Vereinbarungen einzuhalten. Deutschland brauchte für die Umsetzung mehr Zeit, so die Begründung der Verantwortlichen aus Berlin. Jedoch hat Deutschland schon zu viel Zeit verstreichen lassen und das Problem liegengelassen und ausgesessen. Jetzt erfolgt die Klage beim Europäischen Gerichtshof. Selbst wenn jetzt Auflagen mit dem zu erwartenden Urteil auf Deutschland zukommen, den Schaden hat sich Deutschland unverantwortlich schon selbst zugefügt.

Klar, die Experten in Sachen Düngung für die Landwirtschaft sagen zur Gülle, dass dies ein hochwertiger Dünger sei mit hohen Gehalten von Stickstoff, Phosphor und Kalium. Nitrate sind die Salze und Ester der Salpetersäure (NHO3). Den Fachleuten ist dabei nicht zu widersprechen, denn das ist sicher korrekt. Jedoch ist es vielfach auch in anderen Bereichen so, dass das Maß der Dinge, also die Dosierung, maßgeblich für gut oder schlecht entscheidend ist.

Die bestehende Düngemittelverordnung schränkt allerdings schon jetzt die Ausbringung von Gülle ein und das zeitlich als auch mengenmäßig. Auch sind nahe liegende Gewässer zu schützen und bestimmte Gebiete von der Ausbringung der Gülle ausgeschlossen. Außerhalb der Vegetationszeit ist die Ausbringung ausgeschlossen, somit verboten. In dieser Zeit füllen sich die Tanks mit Gülle bis zum Äußersten und drängen den Landwirt so zur Leerung. Ein weiteres Kriterium zur Düngung ist, dass der Landwirt alle 5 Jahre Bodenproben der Flächen nehmen muss, um so einer Überdüngung entgegenzuwirken. Jedoch wenn dass System der Düngeverordnung einwandfrei nach den notwendigen Erfordernissen funktionieren würde, hätten wir nicht das Dilemma der erhöhten Nitratwerte im Grundwasser. Die Wasserversorger haben die Probleme mit dem Nitrat und müssen Brunnen stilllegen oder ein Mischwasser erzeugten, das die Nitratwerte im gesetzlichen Rahmen hält. Oftmals gibt es eine aufwendigeTechnik bei den Wasserwerken, die dann die Umkehrosmose und die Nanofiltrierung einsetzen, um die Salze aus dem Wasser zu entfernen. Dieses kostet alles viel Geld und wäre ohne Nitratproblem nicht erforderlich. Den Aufwand der Trinkwasseraufbereitung könnte man sich sparen und das gesparte Geld für andere Dinge besser verwenden.

Etliche Landwirte kommen so auf die Idee mit der entstehenden Gülle aus der Viehzucht oder den Resten erzeugter Produkte eine Biogasanlage zu betreiben. Die EU bezuschusst die so mit einem Fermenter betriebenen Anlagen. Dabei ist die Ausbeute an Methan bei Schweine- oder Rindergülle gegenüber anderen Stoffen wie Maissilage nicht so effektiv und steht am Ende einer Nutzungstabelle. So ergibt sich aus Schweinegülle 28 m³/t und aus Rindergülle 25 m³/t nutzbares Methan. Eine Mischung von Stoffen ist somit immer der bessere Weg eine Biogasanlage zu betreiben. Nach der Nutzung der Biomasse in der Anlage ist eine Kompostierung möglich. Aber auch der Dünger ist danach von höherem Wert, weil der Stickstoff für die Pflanzen besser verfügbar ist, die Gülle tropft nach der Ausbringung von Pflanzen besser ab, es ergibt sich eine geringere Geruchsbelästigung und umweltfreundlicher ist es auch noch, weil weniger Methan ausgast. Natürlich gibt es die Gasanlagen hauptsächlich in den Gegenden mit viel Vieh, denn ein Transport der Gülle in eine Gegend mit geringerer Nitratbelastung ist nicht lohnend und wird ohne finanziellen Anreiz nicht gemacht. Dennoch bleibt mit allen Maßnahmen der Nutzung immer noch das Problem der Menge dieses biologischen Düngers in der Landwirtschaft.

Letztlich bleibt nur eine verschärfte Düngemittelverordnung, die konsequent Mengen begrenzt, die Ausbringung von Gülle so weiter einschränkt und neue Möglichkeiten aufzeigt, vielleicht diesen wertvollen Dünger industriell aufzuarbeiten. Eine deutliche Reduzierung der extensiven Viehzucht wäre auch nicht aus den Augen zu verlieren. Die Überdüngung der Böden ist durch eine zeitlich kürzere Kontrolle anhand von ausgewerteten Bodenproben auszuschließen. Unser Trinkwasser ist durchaus schützenswert und sollte oberste Priorität haben. Auch wenn die Befürworter der Gülleausbringung sagen, Nitrat selber ist nicht schädlich, außer ab bestimmten Mengen für Kleinkinder. Jedoch wird dann nach Plan verschwiegen, dass es Umwandlungsprozesse im menschlichen Körper gibt, wobei Nitrit oder Nitrosamine entstehen, die nachgewiesen krebserregend sind. Somit ist auch eine Düngemittelverordnung erforderlich, die diese Aspekte berücksichtigt und den Bürger dahingehend schützt. Bisher mussten und konnten es immer noch die Wasserversorger mit speziell aufbereitetem Trinkwasser richten, aber eine Primärlösung wäre besser und kostengünstiger, indem die Vermeidung der zu hohen Nitratbelastung das Ziel ist. Einschränken, anstatt die Folgen der Extensivität durch besondere Maßnahmen zu beheben, wäre die Ideallösung.

Allerdings gibt es das Problem der Überdüngung nicht nur in der Landwirtschaft sondern auch beim Weinbau in Deutschland. Dort wird natürlich industriell erzeugter Stickstoff in den Weinbergen ausgebracht. Diese Problematik ist  sicherlich differenzierter zu betrachten, wird jedoch erst einmal am Kriterium der Nitratbelastung durch die Stickstoffdüngung allgemein kritisch gesehen. Dennoch ist weniger oft mehr und auch noch kostengünstiger. Bodenproben können direkt klären, ob die Rebstöcke Bedarf an Düngemittel haben, das heißt, sind es über- oder unterversorgte Böden. Und eine Stickstoffdüngung hat nur in der Vegetationsphase einen Sinn. Eine zusätzliche Ausbringung von Phosphor, Kalium, Magnesium und Spurenelementen ist für einen ermittelten Düngebedarf erst nach einem festgestellt Mangel durch die Untersuchung von Bodenproben notwendig. So hat der Winzer auch seine Verantwortung für die Umwelt wahrzunehmen, indem er nur die wirklich benötigten Stoffe bei der Düngung in seinen Weinbergen ausbringt.

Karte der Nitratbelastung in Deutschland

19.09.2016 – WM

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