Satire mutiert zur Staatsaffäre – MK 15-16

Eine beleidigte Leberwurst namens Erdogan aus Vorderasien fühlt sich verletzt, auch in seiner Ehre gekränkt und kann diese Kränkung nicht auf sich sitzen lassen. Er wurde persönlich angegriffen und das kann er als Präsident der Türkei nicht auf sich beruhen lassen. Zufällig ist es mit Vorgängen im eigenen Land der 1834-zigste Fall(?) eines persönlichen Angriffs auf den selbsternannten Sultan mit weitreichenden und unerbittlichen Befugnissen und Kompetenzen im „osmanischen Reich“. Seine Eitelkeit und Machtstreben sind so ausgeprägt, dass es nichts in seinem Land geben darf, was nur annähernd nach Kritik an seiner Person und Politik aussieht oder sich anhört. Dieser islamistisch geprägte Autokrat der AKP erstickt jeden Ansatz von Widerstand direkt dadurch, dass eine Klage stattfindet, eine Klage, um seinen vermeintlichen Heiligenschein wieder zu richten. Nun hat er eine neuerliche Klage wegen Ehrverletzung angestrengt, allerdings dieses mal im Ausland, genauer gesagt in Deutschland.

Aber was genau ist eigentlich passiert, damit dieser Präsident wieder mal eine Klage und jetzt im Ausland ausgelöst hat? In Deutschland gibt es eine Satiresendung mit Namen „Neo Magazin Royal“, welche im ZDF wöchentlich zur Ausstrahlung kommt. Der Moderator der Sendung Jan Böhmermann ist ein Satiriker, der versucht, die Grenzen seiner Satire auszuloten. So geht seine scharfzüngige Satire sicherlich oftmals an die Grenzen des guten Geschmacks und Verletzlichkeit von Personen oder Interessengruppen. Mitunter ist eine Satire eine Gratwanderung, die selbst als Kunst verstanden nicht wirklich jeden Geschmack trifft, was jedoch durchaus auch so gewollt ist. In dieser Sendung hat es seitens Böhmermann ein ausgestrahltes Schmähgedicht zur Person Erdogan gegeben, das jedoch vom Moderator so vorher angekündigt wurde und zwar mit den Worten: Satire kann sich viel herausnehmen, jedoch, das was jetzt kommt geht in Deutschland gar nicht und kommt überhaupt nicht in Frage. Der Inhalt ist höchst grenzwertig informativ und dazu geeignet sich die Frage zu stellen, kann man das in dieser Art und Weise im Fernsehen bringen. Jedoch im Namen der Kunstform Satire gibt es eine weitgehende vom Gesetz garantierte Freiheit in Deutschland, auch in stark pervertierter Form in verdeckter Art eine Persönlichkeit nachzuzeichnen, die mit dem genauen Wortlaut folgend nur den Charakter herausarbeitet. Wie schon beschrieben, es muss einem nicht persönlich gefallen, aber es ist als künstlerische Freiheit zu werten. Denn wir befinden uns in Deutschland und nicht in der Türkei, das möchte ich einmal sehr deutlich machen. Jedoch möchte ich auch an die Nazi-Aktionen erinnern, die unsere Kanzlerin aus dem Ausland hinnehmen musste, was sie auch ohne zu mucken getan hat. Das heißt, sie steht über den Dingen.

So ist mir der Ablauf nach dieser Sendung höchst suspekt und erinnert mich an zweifelhaftes Theater, was das Publikum in der Aufführung selber in ein Schauspiel besonderer Art effektvoll einbezieht. Unsere Kanzlerin Merkel, die eigentlich über den Dingen steht die Satire so äußert, hat dieses Schmähgedicht auch gesehen und sah sich dadurch veranlasst, den türkischen Ministerpräsidenten Davutoglu anzurufen, um ihm mitzuteilen, dass sie selber es persönlich verletzend findet und sich bei ihm entschuldigt. Ein höchst fataler Fehler, wie sich im weiteren Verlauf zeigte. Ihre Politik hat die Wertigkeit einer Satiresendung festgelegt, die in der Auswertung einer Persönlichkeitsverletzung nur der Justiz überlassen werden sollte. Die türkische Regierung und der Präsident Erdogan selber hat Strafanzeige zu diesem Schmähgedicht gestellt. Und es hat sich tatsächlich ein Rechtsanwalt in München gefunden, der in dieser Inszenierung mitspielt und die Interessen des Präsidenten Erdogan vertritt.

Nun muss man dazu auch wissen, dass Deutschland und die Türkei Verträge über die Behandlung von Flüchtlingen festlegt hat, die über die Türkei nach Griechenland kommen. Diese Verträge waren für den türkischen Präsidenten eine persönliche Genugtuung, so speziell die Kanzlerin Merkel am Band durch die Verhandlungszimmer hinter sich herzuziehen. Vielleicht hat Frau Merkel dies aus einer inneren Verpflichtung heraus getan, es sich nicht mit dem großen Präsidenten Erdogan zu verderben. Man könnte meinen, es ist eine Art Unterwürfigkeit, die Deutschlands Rechte auf die Pressefreiheit, Kunst- und Medienfreiheit und die Redefreiheit gequält hat. Man hat dem türkischen Präsidenten mit seinem Freischein für Europa auch die Möglichkeit eingeräumt, so zumindest meint er, auch in Deutschland diese genannten Freiheiten zu kritisieren, so wie im Fall Böhmermann. Das war es aber noch nicht, was einen sprachlos macht.

Im deutschen Strafgesetzbuch gibt es einen ältlichen Paragraphen zur Majestätsbeleidigung aus der Kaiserzeit, der persönliche Beleidigungen eines Staatsoberhauptes unter Strafe stellt und das mit bis zu fünf Jahren. Wie aus dem StGB nach §103 zu ersehen ist, kommt dieser Paragraph nur zum Ansatz, wenn sich diese Persönlichkeit in Deutschland aufhält. Nach einer intensiven Prüfung der Sachlage im Kanzleramt, ob dem stattgegeben wird, dass dieses Gesetz anzuwenden ist, hat die Kanzlerin die Freigabe nach einigen Tagen Bedenkzeit erteilt. Für eine Freigabe gab es keine Notwendigkeit, weil zum einen das Staatsoberhaupt Erdogan zu diesem Zeitpunkt nicht in Deutschland war und zum zweiten eine private Klage des türkischen Bürgers Erdogan läuft.

Diesen Zwang hat sich die deutsche Bundeskanzlerin selbst mit ihrem Anruf beim türkischen Ministerpräsidenten auferlegt und so dem deutschen Staat mit seinen Grundrechten Schaden zugefügt. Die Lage ist politisch verzwickt, entspricht aber nicht wirklich dem wahren Ernst der Lage durch eine gekränkte Eitelkeit. Die falsche Ehrverletzung und Moral von Erdogan ist erkennbar und kann auch benannt werden. Wie hält er es denn mit der Freiheit und seinen Werten in der Türkei? So behindert er Journalisten bei ihrer Arbeit und lässt sie einsperren. So lässt er Verlage stürmen und verstaatlichen. Er kündigt den Kurden die Verhandlungsmöglichkeit, um sich als starker Mann zu zeigen und als mächtiger Präsident zu präsentieren. Die politischen Gegner lässt Erdogan kaltstellen. Alle erkennbare Kritik wird abgewürgt und zeigt sich in der Anzahl der vielen Klagen im Land Türkei. Bei den Journalisten, die einen anscheinenden Waffenhandel der Türkei mit der IS publik gemacht haben war keine Aufklärung angesagt, sondern es gab Gefängnis für die Aufklärer. Auch die Informationen über vermeintliche Rohölkäufe aus den Händen des IS sind schnell wieder vom Tisch. Also, wenn er sich gegen Satire wehrt ist die Frage zu stellen: Welche Moral und welche Ehre meint Präsident Erdogan eigentlich? Unter welches Recht stellt er seine Ansprüche?

Wenn er wirklich den Weg des Gerichtes gehen will, dann dürfte es sehr amüsant sein, dort das Schmähgedicht noch einmal zu hören, weil bei dieser Art Prozess immer Publikum zugelassen ist. Mann muss nicht mit Böhmermann einer Meinung sein, aber Böhmermann sei Dank, dass es in einigen Punkten viel Klarheit gebracht hat, ob unser Rechtssystem und die Grundrechte einwandfrei funktionieren.

18.04.2016 – WM

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