Brexit oder doch nicht? – MK 24-16

Die Briten haben über ihren Verbleib in der EU abgestimmt und die Befürworter des Austritts haben das Referendum für sich entscheiden können. Jetzt müsste normalerweise die Prozedur des Ausscheidens zur Verhandlung mit der EU-Kommission in Gang gesetzt werden. Doch im Land der Briten regt sich Widerstand gegen die Durchführung des Referendums, zurecht wie ich finde.

Die Abwicklung dieses Referendums war von Beginn an, also der Festlegung überhaupt, recht zweifelhaft. Wie schon im letzten Artikel bemerkt, hat David Cameron als Premierminister dieses Referendum ausgelöst, weil er sich parteipolitisch bei den Tories bedrängt fühlte. Einer der Verursacher war der ehemalige Bürgermeister Jonson von London. Nur um dem Druck auszuweichen hat Cameron diesem Referendum zugestimmt. Wahrlich ein politischer Balanceakt per Excellence, der ausschließlich parteipolitische Belange befriedigen sollte. Ein Premierminister spielt um die Belange seines Landes, für das er einen Eid abgelegt hat, Schaden von ihm abzuwenden. Auch die Vorbereitungen zum Referendum und die Bedingungen hatten den Normalwahlcharakter und nicht die einer Schicksalswahl für Großbritannien.

Über Jahre hinweg hat David Cameron über viele Belange zur Europäischen Union geschimpft und starke Zweifel angemeldet. Die Bürger Großbritanniens haben so den Eindruck vermittelt bekommen, dass ihr Land nur gequält wird und hohe Abgaben leisten muss. Über die Vorteile einer Mitgliedschaft in der EU scheint man nicht viel Worte verloren zu haben. Das hat sich so über viele Jahre hingestreckt. Nun plötzlich vor dem Referendum hat Cameron die Briten beschworen, doch für den Verbleib zu stimmen, weil Großbritannien die Europäische Union braucht. Wie könnte Politik noch unglaubwürdiger sein, bei einem solchen Verhalten des Premierministers.

Dieses Referendum hat überhaupt nicht die Belange von Nordirland, Wales und Schottland berücksichtigt, die vornehmlich gegen einen Brexit gestimmt haben. Weiterhin ist die Wahlbeteiligung von 72% ein Armutszeugnis für die Beteiligten an diesem Referendum, einer Schicksalsabstimmung. Erschreckend war für uns Außenstehende die verheerende Argumentation der Brexit-Anhänger, insbesondere von Nigel Farage (UKIP) und Boris Jonson (ehem. Bürgermeister von London), die mit vielen Halbwahrheiten sowie Unwahrheiten die Menschen praktisch gegen die Europäische Union aufgehetzt haben. Selbst auf ihrem Wahlkampfbus stand schon als Hauptargument eine Unwahrheit, nämlich die Posse von 319 Millionen täglich für die EU von Großbritannien. Auf das Befragen von Nigel Farage, ob dieses Geld denn nun in die Gesundheitskassen fließen können, hat dieser das vehement verneint. Das erste Hauptargument gegen die EU ging damit schon einmal flöten. So haben ganz klar falsche Informationen viele Menschen in ihrer Wahl auf einen falschen Weg gebracht und damit zur Abstimmung gegen die EU. Das Land wurde von der Partei UKIP durch Nigel Farage und gleichfalls von Boris Jonson gnadenlos für ihre Zwecke auseinander getrieben. Nach dem Referendum wurde es recht still um Boris Jonson!

Nein, so kann man das Vereinigte Königreich nicht den Populisten überlassen Herr Cameron! Der Anzettler dieser Aktion einer Spaltung des Landes hat schnell das Boot verlassen und seinen Rücktritt verkündet. Das Land bäumt sich nun zurecht auf, besonders die jungen Menschen, die zu 70% für den Verbleib in der EU stimmten und die wollen mit einer Petition ein zweites Referendum erreichen. Das macht besonders die Halbherzigkeit dieses Referendums den Bürgern außerhalb Großbritanniens klar. Auch die zugehörigen Staaten Schottland, Wales und Nordirland haben die Reißleine schon gezogen und wollen beim Brexit nichts mehr mit England zu tun haben, was ein staatliches Desaster ist und das Vereinigte Königreich auseinanderreißen würde.

Das Wahlergebnis in Großbritannien haben die Briten für ihr Land zu verantworten und niemand sollte ihnen da reinreden. Jedoch müssen sich die Briten nun viele Kommentare zum Referendum gefallen lassen. Diesen Ausgang der Wahl hat das Vereinigte Königreich mit seinen Menschen wahrlich nicht verdient. Zumal die populistischen Argumente dubios verbreitet wurden. Das britische Parlament könnte dieses Referendum missachten und seine eigene Entscheidung treffen, aber dann würde sich die Politik noch unglaubwürdiger auf die Menschen auswirken. Dennoch wäre es möglich in letzter Sekunde noch den Not-Aus Taster zu drücken, denn der Austrittsbrief liegt dem Präsidenten der EU-Kommission noch nicht vor und dabei haben es selbst die Brexit-Befürworter damit nicht eilig. Natürlich weiß man nicht, ob Brüssel einen zunehmenden Verhandlungsdruck begründet durch das Referendum der Briten tolerieren könnte, wenn ja, dann sicherlich nicht zu denselben Konditionen wie vor der Wahl, wenn überhaupt. Vielleicht haben die EU-Befürworter mit ihrer Petition eine Chance, wobei es sicherlich auch mit der Anzahl der Beteiligten zusammenhängt. Großbritannien muss um seinen Erhalt kämpfen und darf sich nicht von einer nach Rückwärts gerichteten Politik der EU-Gegner beeinflussen lassen. Diese Menschen haben sicherlich noch nicht die Veränderungen der globalisierten Welt mit den extremen Herausforderungen für uns Menschen wirklich wahr genommen und wähnen sich in ihrer Welt, einer eher unrealistischen Welt, aber dieser Wandel erfordert vor allen Dingen Zusammenhalt.

Den jungen Menschen in Großbritannien darf die Zukunft nicht verbaut werden, denn die fühlen sich eher bei der Europäischen Union gut aufgehoben. Gemeinsam ist die Europäische Union stark, jedoch mit Großbritannien stärker. Aber, die Briten müssen es selbst am besten wissen. Wahrscheinlich ist es jedoch, dass sich die Briten bei einem Austritt „recht warm anziehen müssen“ und das bedeutet nichts Gutes. Allein deswegen ist es jedoch clever von Premier Cameron, die Austrittsverhandlungen mit der EU von seinem Nachfolger durchführen zu lassen. Dennoch, er ist der einzige Verursacher für das sich jetzt abspielende Desaster, was ja schon wirtschaftlich feststellbar ist. Dieses ist jedoch erst der Anfang.

Eine in die Jahre gekommene Europäische Union muss dringend der Zeit entsprechend aktualisiert werden und ihren Mitgliedsstaaten mehr Eigenständigkeit gewähren. Ein grundsätzliches Regelwerk für die EU festzulegen also übergeordnet, das ist die Aufgabe der Europäischen Union. Arbeitslosigkeit, Staatsschulden und eine ausgeprägte Steuervermeidung oder Steuerflucht beeinträchtigen eine funktionierende Europäische Union. Die Menschen nehmen die EU natürlich war, verstehen jedoch nicht wirklich, welche Dinge überhaupt aus Brüssel zu regeln sind. Es fehlt eine klare Informationspolitik durch die EU-Politiker. Nur mit Informationen ist eine Bewertung der Aufgaben überhaupt erst möglich. Jedoch hat auch jeder Bürger eine gewisse Informationspflicht!

27.06.2016 – WM

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Es muss sein. *Time limit exceeded. Please complete the captcha once again.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.