Hat die Türkei es nun eingesehen mit der Allianz einiger Staaten gegen den IS zu kämpfen? Nein, natürlich nicht! Erdogans Plan seine Macht über die Grenzen der Türkei auszudehnen sind eindeutig und abrupt gescheitert. Seit dem Bestehen des IS hat die Türkei wie die Presse schon berichtete diese Terroristen anscheinend großzügig mit Waffen unterstützt und Kämpfer dafür im eigenen Land ausgebildet. Außerdem hat die Türkei verletzte Kämpfer des IS im Land gepflegt und wieder an ihre Front geschickt. Die türkische Grenze war für neu angeworbene Kämpfer geöffnet, damit diese in ihre Kampfgebiete ziehen konnten.
Mit diesem Machtstreben erhoffte Erdogan sich als Preis dafür eine rein sunnitische Achse von der Türkei über Syrien und den Irak. Der von der Türkei gehasste Machthaber Assad von Syrien sollte mit diesen Taktik des stillen Duldens und Förderns des IS geschwächt werden. Außerdem hat Erdogan alles dafür getan, die Kurden klein zu halten. Und hat den IS gewähren lassen. Der Allianz im Kampf gegen den Islamischen Staat hat er als mögliche Minimalaktion des guten Willens nicht den grenznahen Flugplatz zum Starten und Landen der Flugzeuge zur Verfügung gestellt. Nur um keinen Kämpfer des IS gegen sich aufzubringen. Eine wahrhaft edle Tat dieses selbst ernannten „Sultans“ Erdogan.
Wenn man sich als Alchimist versucht und nicht weiß, was man in seinem Topf für Mittelchen zusammen rührt, dem kann der Topf auch eventuell mal explodieren. Erdogans Politik der sunnitischen Front ist ihm im wahrsten Sinne des Wortes um die Ohren geflogen. Das geplante große Reich der Sunniten ist geplatzt. Nun ist die Türkei selber Ziel des Islamischen Staats geworden und die Situation kann sich weiterhin zunehmend katastrophal auswirken, weil es im Land viele Sympathisanten gibt, die sich gegen den Staat wenden könnten.
Nun greift die Türkei mit ihren Kampfflugzeugen Stellungen des IS in Syrien an, was ja durchaus als legitim bezeichnet werden kann. Jedoch holt Erdogan zu einem Rundumschlag aus und will gleichzeitig auch die Kurden bekämpfen. Es ist ein perfider Plan, auch deswegen, weil sich die Kurden als harte Kämpfer gegen den IS schon bewährt haben. Den Friedensprozess, welcher im Jahr 2013 begann, hat Erdogan dadurch abgebrochen, obwohl er diesen ab Anfang des Jahres 2015 noch unterstützt und gefördert hat. Die PKK hat umgehend geantwortet und den Waffenstillstand als beendet bezeichnet.
Erdogan hat noch einmal in seinem Alchimistentopf kräftig gerührt ohne zu beachten, dass er durch seine harte Haltung gegenüber den Kurden der Türkei keinen wirklichen Dienst erweist. Warum will oder kann er den Kurden keine autonomen Rechte gewähren und auf sie zu gehen, wie er es schon gemacht hat?
So ergeben sich jetzt für die Türkei zwei Fronten, die nicht kalkulierbar und schwer einzuschätzen sind. Gewalt erzeugt wieder Gewalt und kann zu keinem Frieden unter den Türken und den Kurden führen, weil es der Machthaber Erdogan so beschlossen hat. Außerdem wird der IS in der Türkei weiter aktiv Anschläge planen. Dem Machtmenschen Erdogan gleitet sein geplanter Machtbereich einfach aus den Fingern und ist für ihn nicht mehr greifbar. Nun rächt sich diese Politik der Duldung und Förderung eines vermeintlichen Verbündeten der sunnitischen Achse, nämlich dem Islamischen Staat. So ist einem Präsidenten plötzlich seine Taktik abhanden gekommen und richtet sich nun gegen ihn selbst und die Türkei. Eine Politik über alle Köpfe hinweg hat sich in keinem Land je auf Dauer bewährt. Wackelt nun der Stuhl Erdogans in seinem Amt kräftig und könnte gar umstürzen?
27.07.2015 – WM