Das britische Unterhaus winkt den Brexit durch – MK 05-17

Wenn wir uns zurück erinnern, hat das Referendum der Briten über den Brexit bereits im letzten Jahr am 23.6.2016 stattgefunden. Zu der Abstimmung über den Brexit, also der Abstimmung über den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, hat der ehemalige Premier Cameron aus parteipolitischem Gezänk und Stärkung seiner Position bei den Tories aufgerufen. Wie man rechnen kann, sind bereits fast 7 Monate vergangen, in denen die Nachfolgerin Frau May als Premierminister bestrebt war, den Austritt bei der EU auszurufen und nach Artikel 50 des EU-Vertrages zu beantragen. So war bis dato die Regierung Großbritanniens mit den zu erstellenden Modalitäten zum Austritt anscheinend schlichtweg überfordert und ohne Linie. Aber wie ist es überhaupt zu dieser Handlungsstarre gekommen?

Die Bedingen für das Referendum waren für die Menschen dermaßen schlecht vorbereitet und von den Brexit-Befürwortern in einer populistischen Art mit Unwahrheiten oder schlichtweg Lügen sowie Halbwahrheiten durchgeführt worden. Führend dabei waren der jetzige Außenminister Boris Johnson (ehemals Bürgermeister von London) und der ehemalige Parteivorsitzende der UKIP-Partei mit Namen Nigel Farage. Sie malten in schwärzesten Farben für die Bürger die Bedingungen in der EU aus und haben diese als Last für das Land dargestellt. Außerdem würde die Mitgliedschaft viel Geld kosten, wobei sie die Summe auf die Seite eines Doppelstockbusses malen ließen, die letztlich im Zahlenwert gar nicht stimmte. Die Bürger wurden mit falschen Fakten so auf die für sie belastende Mitgliedschaft in der EU eingestellt.

Zu dieser für Großbritannien wichtigen Abstimmung wurden keine besonderen Kriterien festgelegt und so sollte bereits eine einfache Mehrheit ein eindeutiges Votum erbringen. Wenn in demokratischen Parlamenten wichtige und richtungsweisende Entscheidungen für ein Land getroffen werden sollen, so muss in der Regel nicht nur einfache Mehrheit für eine Änderung gegeben sein, sondern mindestens zwei Drittel der Abgeordneten dem zustimmen. Die Bedingungen passten demnach absolut nicht zu der Wichtigkeit. Es ergab sich so eine Wahlbeteiligung von 72% und 51,9% der Wähler stimmten für den Brexit. Auffallend war dabei, dass die Gegner des Brexits, also überwiegend jüngere Bürger, nicht zur Wahl gegangen sind (leider) und deswegen ist es ein Votum in der Hauptsache von Menschen über 65 Jahre für den Austritt geworden.

Festzustellen ist außerdem, dass Schottland und Nordirland für einen Erhalt der Mitgliedschaft in der EU stimmten. Und so führten die teilweise widrigen Informationen für die Bürger und die laxen Bedingungen für das Referendum zu dem was jetzt im Ergebnis den Austritt aus der EU bedeutet. Seitdem ist die Nation der Briten in ihrer Meinung über bestimmte Zustände wie der Aufenthalt von EU-Ausländern und vermeintliche Zwänge der EU geteilt. Rassisten und Nationalisten wurden in ihrem Tun der Verbreitung von Fremdenhass gestärkt. Es ist nicht mehr das geeinte Land wie es vor dem Brexit-Votum der Fall war. – Festzustellen ist, so haben die Briten über den Austritt in der EU abgestimmt!

Nun hat das höchste Gericht in England (Supreme Court) festgelegt, dass die Parlamente noch unabhängig vom Wahlausgang dem Austritt zustimmen müssen. Der Brexit-Minister Davis hat so im Auftrag der Regierung ein Weißbuch zum Austritt ausgearbeitet und ebenfalls einen Minimaltext für die Abstimmung im britischen Unterhaus erstellt. Dieser Text erteilt sinngemäß der britischen Premierministerin May die Befugnis zu Verhandlungen zum Brexit. Die Abgeordneten des Unterhauses haben daraufhin in einer zweitägigen Debatte über das Weißbuch des Brexit diskutiert. Dann erfolgte die Abstimmung. Normal sind alle Abgeordneten von demokratischen Regierungen ausschließlich ihrem Gewissen gegenüber verantwortlich wie sie abstimmen. Nicht so bei dieser Abstimmung. Eigentlich ist eine große Oppositionspartei, nämlich die Labour Party, gegen den Brexit und deswegen alleine ist das Ergebnis ziemlich paradox, denn sie haben sich dafür entschieden.

Jedoch hat sich eine Zwickmühle für die Abgeordneten ergeben, weil sie sich nicht gegen das Volk wenden wollten. Aber etliche aus dem Volk könnten ja auch wie sie gegen den Brexit sein. Also was tun? Deswegen haben sich einige Abgeordnete so geäußert, dass sie auch Demokraten wären und deswegen ja sagen. Jedoch kommen einem darüber Zweifel, weil die populistischen und nationalistischen Brexit-Befürworter sich mit ihrem Agieren zum Referendum nicht wirklich demokratisch verhalten haben. Mit ihrer kontroversen Abstimmung bringen die Abgeordneten Unruhe in den Kreis ihrer Wähler und das könnte sich bei der nächsten Wahl rächen. Die Abstimmung ergab 498 dafür und 148 Abgeordnete dagegen. Jedoch wie die Modalitäten der Regierung zum Austritt lauten werden, wusste bei der Abstimmung niemand.

Mit der „nichts genaues weiß man nicht“ Abstimmung soll es weiter gehen bis zum 7. März, indem das britische Oberhaus auch zustimmen muss. Allerdings wird das Oberhaus wohl kaum zustimmen können, weil sie ohne Kenntnis der Verhandlungspunkte zum Brexit wohl kaum eine Zusage möglich ist. Es wird deswegen wohl eine Art Ping-Pong-Spiel ergeben und der Abstimmungsantrag an das Unterhaus zurück gehen. Ein blindes Vortasten kann und darf es bei dieser wichtigen Entscheidung nicht geben. Ebenfalls wird Premier Frau May wohl so auch keinen Freifahrtschein für ihre Verhandlungen erhalten.

Ein britischer Politiker und zwar der Gesundheitsminister Jeremy Hunt hat zu der Misere vorgeschlagen, dass es ein zweites Referendum geben sollte, wo die Bürger einem Austrittsplan zur Abspaltung von der Europäischen Union zustimmen müssen. Das wäre gegenüber allen Bürgern in Großbritannien erst einmal fair, auch gegen über den Gegnern des Brexit. Jedoch muss es erst einmal ein Plan mit fixierten Inhalten zum Ablauf des Brexit geben und den gibt es bereits seid 7 Monaten noch nicht, aber den braucht es als Voraussetzung. Und es existiert bereits eine Petition von 2 Millionen Briten, die sich für ein zweites Referendum einsetzen. Wie auch immer es in Großbritannien weiter geht, es wird ein schwieriges Unterfangen. Gibt es einen Weg zurück zur EU und einen Rücktritt vom Brexit oder einen noch länger andauernden Schwebezustand oder gar ein Dauerzustand der instabilen Zustände? Wie werden es die Briten regeln mit ihrer Unzufriedenheit zur EU? Falls es wirklich zum Brexit kommt, könnte es sein, dass sich Schottland aus dem britischen Königreich ausklinkt.

Wie auch ungefähr 50% der Briten sähe es auch die EU gerne, wenn sich Großbritannien nicht abkoppeln würde. Das ist jedoch nur ein Wunsch vieler Europäer, denn das müssen die Briten ganz allein für ihr Land entscheiden. Jedenfalls war es im Unterhaus keine wirkliche demokratische Abstimmung, wie ich finde!

07.02.2017 – WM

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